In weiten Teilen Europas ist die Ehe für alle längst gesellschaftliche wie politische Realität. Im traditionell orthodoxen Osten des Kontinents tut man sich allerdings etwas schwerer mit diesem Thema. Dass gleichgeschlechtliche Paare in Griechenland nun offiziell heiraten dürfen, stößt in religiös-konservativen Kreisen auf Argwohn. Trotzdem lassen sich die politisch Verantwortlichen nicht beirren.
Anders als in Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern spielt die
Religion für die Mehrheit der Griechinnen und Griechen nach wie vor eine wichtige Rolle. Doch wenngleich die griechisch-orthodoxe Kirche in vielen Gesichtspunkten sogar konservativer ist als die römisch-katholische Glaubensgemeinschaft, darf man die Bevölkerungsmehrheit durchaus als progressiv bezeichnen. Umfragen ergeben beispielsweise, dass die meisten Griechinnen und Griechen keine Einwände gegen die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern hegen. Dieser Stimmung trug die konservative (!) Regierung von Kyriakos Mitsotakis im Februar 2024 Rechnung und legte dem Parlament am 15. Februar ein
Gesetz zur Ehe für alle zur Abstimmung vor. Dass 176 von 300 Parlamentarier*innen dafür stimmten, ist durchaus bemerkenswert. Denn nicht nur der rechte Rand seiner eigenen Partei machte Stimmung gegen Mitsotakis’ Gesetzesvorlage; auch im Klerus war und ist die Stimmung aufgeheizt.
Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet, tobt in Griechenland aufgrund der neuen Rechtslage ein regelrechter Kulturkampf, bei dem Parteigrenzen keine Rolle mehr spielen. So hat Nektarios, orthodoxer Bischof der Insel Korfu, einen Parlamentarier der Oppositionsparteien Syriza und Pasok exkommuniziert. Beide hatten für das neue Gesetz gestimmt. Und damit ist der Kleriker keineswegs alleine: Ambrosios, ehemaliger Bischof von Kalavryta, nennt die Befürworter*innen der Ehe für alle sogar „Organe des Satans“.
Diese Wortwahl erscheint durchaus nicht unpassend, denn viele orthodoxe Kirchenvertreter*innen scheinen eine regelrechte Hetzjagd eingeläutet zu haben. Ein regelmäßig stattfindendes, traditionelles Abendessen im Präsidentenpalast schlugen Kirchenvertreter in diesem Jahr aus: Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou wurde zuvor im Restaurant eines offen
schwul lebenden Gastronoms ‚erwischt‘.